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Interview mit BBR-Geschäftsführer Mario Lindner

Prora/Rügen (apf). Bürgerarbeit ist ein Bundesprogramm für Langzeitarbeitslose mit mehreren Vermittlungshemmnissen, die nach einer Aktivierungsphase nicht sofort auf den 1. Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten und in die Beschäftigungsphase zugewiesen wurden. Nach drei erfolgreichen Jahren wird die Bürgerarbeit nun aber auslaufen. Ostsee Anzeiger sprach mit Mario Lindner, Geschäftsführer der BBR Bildungs- und Beschäftigungsgesellschaft Rügen mbH in Prora als ein Träger der Bürgerarbeit auf Rügen zum Thema.

 

Andreas Pfaffe: Worum ging es bisher im Bundesprogramm „Bürgerarbeit“?

Mario Lindner: Gefördert werden in der Bürgerarbeit sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse für zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten der Gemeinden, Städte und Kreise zur Wahrnehmung kommunaler Aufgaben. So sind seit 2011 84 Bürgerarbeiter bei der BBR über einen Zeitraum von drei Jahren tätig. In 2014 wird die Förderung im Bundesprogramm für die Einzelnen auslaufen - die Mehrzahl in den Monaten Oktober, November und Dezember.

Zusätzlich zur Beschäftigung werden etwa 55 Bürgerarbeiter in einem zusätzlichen Betreuungsprogramm individuell gecoacht und für den Arbeitsmarkt aktiviert. Die Geschäftsführung der BBR hat sich in vier Beratungen bei ihren Bürgerarbeitern bedankt für die gute Arbeit, denn Bürgerarbeiter sind eine große Hilfe in den Kommunen und Vereinen. Ohne ihr Engagement würde es viele zusätzliche Angebote nicht geben oder viele Arbeiten nicht erledigt werden können.

APF: In welchen Bereichen wurden und werden die Bürgerarbeiter eigentlich tätig?

M.L.: Einsatzgebiete sind soziale Betreuung Älterer in Bergen, Sassnitz und Poseritz, soziale Arbeit in Begegnungsstätten in Dreschvitz, Bergen und Putbus, soziale Arbeit mit zusätzlichen Angeboten in Freizeitzentren, Schulen und im Jobclub der BBR. Ebenso kommen sie zum Einsatz bei der Unterstützung der Kleiderkammer Bergen, der Tafel e.V. und der Beratungsstelle des Demokratischen Frauenbundes, als Buswegbegleiter oder zur Unterstützung von Museen wie dem Sassnitzer Fischerei- und Hafenmuseum, den Mönchguter Museen, Galerie Putbus, Binzmuseum, in den Museen in Garz, Bergen, Gingst, im Prora Zentrum, der Motormühle Patzig oder im Kleinbahnverein Putbus und auch bei der Hilfe zur Verbesserung der Umwelt und Infrastruktur in vielen Kommunen. In all diesen Einsatzgebieten sind sie fast unverzichtbar geworden.

APF: Welches Resümee können Sie schon heute bezüglich der Bürgerarbeit ziehen?

M.L.: Erfreulich ist die positive Entwicklung der Teilnehmer. Sie sind über Arbeit in die Gesellschaft integriert und haben das Gefühl, gebraucht zu werden. Deshalb sind langfristige Förderprojekte immer besser als kurzfristige Einsätze, und für die Arbeitsleistung bei den Partnern planbarer und kontinuierlicher.

Es ist eine durchaus positive Bilanz nach zwei Jahren in der Aktivierung und Lebensplanung zu verzeichnen. Vier Teilnehmer sind bereits in Arbeit gekommen, bei weiteren 13 wird eine Übernahme durch unsere Partner geprüft und weiter drei sind selbst stark aktiv auf Arbeitssuche. Für zwei Teilnehmer wurde die Brücke bis zur Rente geschlagen und für weitere neun Teilnehmer ist dies bald möglich.

APF: Was nun, wenn das Bundesprogramm „Bürgerarbeit“ ausläuft?

M.L.: Mit Auslaufen fallen die Bürgerarbeiter wieder in Hartz IV zurück. Dies bedeutet, dass sie als schwervermittelbare Langzeitarbeitslose weitere Unterstützung benötigen. Leider hat dies die Bundesregierung nicht mit aller Konsequenz erkannt, und von der Landesregierung ist außer Kleinprojektförderung, die durchaus wichtig ist, nichts zu hören.

Bei einer Million erwerbsfähigen Hilfebedürftigen hat sich die Langzeitarbeitslosigkeit stark verfestigt, davon gelten 400.000 als schwer vermittelbar. Ein angekündigtes „Mini-Programm“ für die Förderung von 30.000 Hartz-IV-Beziehern zum Einsatz in Betrieben für einfache Helfertätigkeiten in der Industrie oder Gastronomie ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Hoffentlich finden sich Arbeitgeber auf Rügen, die aus dem Pool der rund 1.000 Langzeitarbeitslosen hier den Richtigen finden und in ihr Unternehmen integrieren können. Ein zusätzliches Coaching durch uns wäre sicher eine große Hilfe für beide Seiten.

APF: Wie geht es nun weiter bei und mit der BBR?

M.L.: Als Sozialunternehmen BBR stehen wir für gemeinnützige und gesellschaftlich sinnvolle Tätigkeit. Wir gehen davon aus, dass rund 80 Prozent der Langzeitarbeitslosen nicht ohne massive Unterstützung in den Arbeitsmarkt einzugliedern ist. Durch langfristige Beschäftigungsmaßnahmen mit integrierten Qualifizierungs- und Coachingangeboten könnten wir die Beschäftigungsfähigkeit effektiv und nachhaltig verbessern. Unser eigenes Sozialcoachingprojekt ist in diesem Jahr angelaufen und wird von unseren Beschäftigten und weiteren Hilfebedürftigen gut angenommen. Eine Erweiterung auf andere Bereiche ist durchaus möglich.

APF: Danke Herr Lindner. Über das Projekt Sozialcoaching sollten wir durchaus zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal sprechen.

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